Imaging Science Symposium zur Formwerdung & Formgebung
25.–26.01.2013, Berlin, Denkerei
Allgemein
Formen dienen seit jeher als universelle Träger und Ausdruck von Informationen – wie Bewegungen, Klangformen, Laute, Sprache, Zeichen, Schrift und Geschichte(n), Bilder und Ikonen. Das Symposium wird diese kulturgeschichtlich vertrauten Formen verwenden, um die Prozesse der genetischen, molekularen, evolutiven, neuronalen und kosmischen Formwerdungen zu untersuchen. Wie lassen sich Wirkprinzipien so formulieren, dass sie für die verschiedensten Disziplinen anschlussfähig sind?
Abstract Vortrag
Der Formbegriff kennzeichnet den Prozess der multisensualen Auseinandersetzung des Menschen mit den materiellen und energetischen Strukturen der Umwelt, durch den die eigene Existenz Gestalt annimmt, Charakter, Ansehen und Wertung erhält sowie Bild, Entwurf, Zahl, Geometrie, Modell und Vorstellung wird. Diese aus dem lateinischen abgeleitete Bedeutungsvielfalt des Formbegriffes existiert bis heute im Sprachgebrauch, obgleich das Verständnis von der Verwendungssituation bestimmt wird.
In den wir etwas leiblich an uns Nehmen, es Fassen, Greifen, vor uns Legen oder Stellen, bilden wir uns eine Vorstellung von der Dinglichkeit unserer Existenz, wodurch wir unserem unreflektierten Sein einen konkreten Daseinscharakter zuschreiben. Über die Explikation der multisensualen Erfahrungen des Nehmens bildet sich die Anschauung der Form im Gedächtnis des Betrachters, das Bild des Dinges, was den Erkenntnisprozess des (Wahr)nehmens, des (Er)fassens, (Be)greifens, (Über)legens und (Vor)stellens einleitet. Das Sein gelangt über die Formung unserer Wahrnehmungen zum Bewusstsein, weshalb die Formbildung innerhalb der synaptischen Struktur unseres Gehirns einen Lernprozess kennzeichnet, der sich analog zur Formensprache der Umwelt herausbildet und stetig transformiert.
Die Formen unserer Wahrnehmung wechseln mit der Spezifik der Sinnessysteme, über die wir uns das Informationspotenzial der Umwelt dennoch ganzheitlich erschließen. Wir leben nicht in verschiedenen Sinnesräumen, da sich in unserem Gehirn zeitlebens eine anschauliche Metarepräsentation aller Sinneserfahrungen und Erkenntnisprozesse bildet, die nach dem selbstorganisierenden Formprinzip größtmöglicher Widerspruchsfreiheit organisiert ist. Dieser Formbildungsprozess wird am Beispiel von Erblindeten, an Menschen, die nach Augenoperation mit dem Sehenlernen beginnen konnten, wie auch an den Folgen von Gehirnläsionen aufgezeigt und diskutiert.
Prof. Dr. Axel Buether
Von den Formen der Wahrnehmung zur Sprache der Formen
Samstag, 26.01.2013
13 Uhr – Panel II
Ort:
Denkerei
Oranienplatz 2
10999 Berlin