Ästhetik der Mathematik

Das mathematische Prinzip der Unendlichkeit wurde zum ersten Mal im Jahr 1858 von Johann Benedict Listing und August Ferdinand Möbius beschrieben, nach dem die dreidimensionale Form den Namen Möbiusband erhielt. Doch erst im Jahr 2007  (E. L. Starostin & G. H. M. van der Heijden„The shape of a Möbius strip“, Nature Materials 6, 563 – 567, 2007) ist es Mathematikern gelungen, eine Formel zur Berechnung der dreidimensionalen Raumform zu finden, die lediglich eine umlaufende Kante und eine Fläche besitzt. Weltweites Aufsehen erregen bis heute die grafischen Arbeiten des Künstlers M.C. Escher, der sich in seinem Werk vielfach mit optischen Wahrnehmungstäuschungen und perspektivischen Unmöglichkeiten auseinandergesetzt hat.

Aus dem Prinzip der anschaulich sehr einfachen, doch mathematisch hochkomplexen Form des Möbiusbandes wird mit Hilfe von Papier, Farbe und Licht eine Raumskulptur entwickelt und modellhaft dargestellt. Im ersten Schritt erfolgt die Auseinandersetzung mit dem geometrischen Prinzip des Möbiusbandes. Dazu werden Modelle angefertigt, über die das Prinzip in der Fläche erfasst und beschrieben wird. Im Anschluss wir die Flächenform in eine Körperform überführt. Kreative Experimente mit verschiedenen Materialien und geeigneten Fundstücken aus der Natur und Produktwelt zeigen, wie sich aus der zweidimensionalen Geometrie des Bandes phantasievolle dreidimensionale Körperformen bilden lassen.

Die Varianz der Schülerarbeiten zeigt den Einfluss der Materialeigenschaften auf die Ideenfindung und den bilderischen Prozess. Die Besprechung der Arbeiten vertieft die praktisch gewonnene Erkenntnis, nach der sich die Ästhetik flächiger Materialien mit der Transformation in die Raumform wandelt. Achtlos weggeworfene Produkte oder unscheinbare Naturmaterialien können faszinierende Eigenschaften im Raum entwickeln. Mathematik hingegen beschreibt das, was allen Objekten gemein ist, das Formprinzip, welche sich hinter der Vielfalt an materiellen Erfindungen verbirgt, die den künstlerischen Schaffensprozess kennzeichnen. Im letzten Schritt werden grundlegende Erfahrungen mit der Bildprojektion von Körpern im Raum gesammelt, was das räumliche Vorstellungsvermögen sowie das Denken in räumlichen Kategorien fördert und somit in Kunst und Mathematik von Nutzen ist. Die Lernenden experimentieren mit farbigen Schattenprojektionen ihrer Möbiusobjekte, deren zweidimensionale Ansichten ihnen den perspektivischen Zusammenhang zwischen Betrachter, Objekt und Lichtquelle in Bild und Raum verdeutlichen. Der Lernerfolg kann durch Fotografien und Zeichungen der Objekte im Kontext ihrer Schattenbilder weiter vertieft werden.

Ausgabe Mai Heft 3 / 2013: Dreidimensionales Gestalten

Kinder gestalten räumlich

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Bezug über:
Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann


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