Sehnsucht nach einer schönen heilen Welt
Die Trendfarben im Jahr 2020 sind Ausdruck fundamentaler Lebensängste, aber auch Sehnsüchte, die viele Menschen im Angesicht des fortschreitenden Klimawandels, der lähmenden Corona-Pandemie und der drohenden Wirtschaftskrise ergriffen haben. Solche Krisen wecken nicht nur massive Zukunftsängste, sondern auch den Traum von einer intakten Natur, die uns Sicherheit und Stabilität vermittelt. Naturerlebnisse, Naturprodukte und Naturfarben sind heute der Megatrend! Das gilt nicht nur für nachhaltige hochwertige Produkte, sondern auch für die Gestaltung einer krisensicheren Umwelt, in der wir gesund leben, uns wohlfühlen und frei entfalten können. Der Begriff Natur wird heute im Zeitalter fortschreitender Globalisierung und Digitalisierung wieder so romantisch gebraucht, wie zu Beginn der Industrialisierung, als Naturphilosophen wie Jean-Jacques Rousseau die einfache bäuerliche Lebensweise priesen und es viele Städter zurück zum Landleben zog. Doch sind wir wirklich Romantiker, wenn wir uns eine Welt erträumen, in der wir auf achtsame, friedliche und respektvolle Weise mit der Natur koexistieren?
Das Ende der weißen Moderne
Die Natur ist unsere Heimat, unser angestammter Lebensraum. Wer fragt da noch, ob es unseren Vorfahren dort wirklich so viel besser erging, als uns im Hier und Heute. Wir müssen daher unser Verhältnis zur Natur von Grund auf neu bestimmen, ohne die Errungenschaften moderner Gesellschaften komplett in Frage zu stellen. Das gilt auch für die Auswahl und den Einsatz von Farben in Produkt- und Interior Design wie in Stadtplanung und Architektur. Das sterile Weiß der technologischen Moderne wie das leblose Grau ausgedehnter Infrastruktukturen sind zum Symbol der Entfremdung geworden. Beispiele wie abweisende Krankenhäuser, prekäre Wohnquartiere und trostlose Siedlungen sowie omnipräsente Beton- und Asphaltflächen finden sich zuhauf. Ebenso problematisch sind eine Vielzahl synthetischer Buntfarben, die wir heute mit geringen Kosten herstellen, in kurzen Abständen erneuern und entsorgen. Das verbraucht nicht nur wertvolle Ressourcen, sondern verursacht auch unvorstellbare Müllmengen. Noch gefährlicher für Mensch und Umwelt sind die Farbstoffe, die wir nicht mit bloßen Auge erkennen, wie Nanofarbpartikel, die sich heute bereits in jedem Liter Meerwasser nachweisen lassen und erhebliche gesundheitliche Schäden bei Menschen, Tieren und Pflanzen anrichten. Wir brauchen Farben, die uns guttun und keine Schäden in der Umwelt anrichten. Das gilt nicht nur für das Farbmaterial, sondern ebenso auch für den wahrnehmbaren Farbeindruck. Jede wirksame Farbgestaltung ist angewandte Farbpsychologie!
Zurück zur NaturFarbigkeit
Noch nie gab es so viele Naturfarben wie heute. Erdtöne, Lehmtöne, Holztöne, Sandtöne, Ledertöne und Wolltöne versprechen bereits beim bloßen Anblick angenehme Berührungserlebnisse und stimmulieren Gefühle wie Sicherheit und Geborgenheit. Natürliche Brauntöne schaffen wohnlich-heimelige Atmosphären. Wo es jedoch zu stark „heimatet“, wirken Produkte und Interiors schnell spießig und altbacken. Brauntöne sind Klassiker der Wohn- und Bekleidungfarben. Anregende Naturfarben sorgen hier effektiv für Auffrischung, Akzente und Kontraste. Die leuchtenden Bunttöne von Blüten und Früchten beglücken uns nicht nur im Garten, sondern sie eignen sich auch hervorragend als Akzentfarben von Produkten und Räumen. Die aromatische Palette von Gewürzfarben wie Curry verleiht Dingen und Räumen eine exotische Note. Dunkle Naturfarben wie tiefes Meerblau und schattiges Waldgrün erzeugen im Raum hingegen Atmosphären der Ruhe, Entspannung und Kontemplation. Sie absorbieren viel Licht und fördern damit Gefühle wie Müdigkeit und Entschleunigung. Naturfarben bieten uns ein Maximum an innerer Harmonie, da sie „von Natur aus“ stets optimal zusammenpassen. Unsere visuelle Wahrnehmungsfähigkeit hat sich in Wechselwirkung mit den Farben der Natur entwickelt. Wen wundert es, dass wir uns im Angesicht dieser mannigfaltigen Farbtöne, Farbklänge und Zwischentöne am stärksten beheimatet fühlen?