Interview zum Thema „Beige“ für das Gesellschafts- und Kulturmagazin „Fleisch“
Seid ihr noch da?
An der Farbe Beige und ihrer demografischen Verteilung haben sich schon viele abgearbeitet. Kabarettisten, Feuilletonisten, ungeduldige Hauptschüler an Supermarktkassen. Sogar ein eigenes Wort hat sich etabliert: Rentnerbeige. Doch über die reine Beobachtung, dass alte Menschen gerne diese „Nichtfarbe“ tragen, und ein „Haha“ gehen die meisten Stilkritiken nicht hinaus. Das ist bedauerlich. Denn Beige verrät so viel über uns, über Angebot und Nachfrage, über das Leben und den Tod – ja, wenn nicht sogar alles.
Beige macht nichts, was echte Nichtfarben machen. Schwarz absorbiert alles Licht, Weiß reflektiert alles Licht, Beige aber macht weder noch. Beige passiert, wenn Bodylotion am Rand eintrocknet, Altbautüren auf die hundert zugehen oder sich sehr lange sehr viele Zigaretten an Hotelwände schmiegen. Beige sieht aus, wie Haferschleim schmeckt und recyceltes Klopapier riecht. Ein dreckiges Weiß, ewig während und zart zugleich wie eine Holunderblüte, auf Englisch übrigens Elderflower – elder, so wie älter –, das kann kein Zufall sein. Bleibt nur die Frage: Warum zieht man sich so an?