Die Macht der Farben
Unser Gedächtnis legt fest, was uns eine Farbe bedeutet und wie Farben auf unsere Gedanken und Gefühle wirken. Farben bestimmen das Erlebnis von Selbst und Umwelt. Sie beeinflussen unser Verhalten und steuern unsere Handlungen, obwohl wir die Ursache für diese „Macht der Farben“ nur selten erkennen. Wir können sie spüren, wenn wir „unappetiliche Farben“ essen, „hässliche Farben“ am Körper tragen oder in „geschmacklosen Farben“ leben sollen.
Jeder Mensch bildet im Verlauf seines Lebens eigene Farbpräferenzen aus, ein Repertoire an Lieblingsfarben, durch die wir unserer Umwelt etwas mitteilen, mit denen wir uns identifizieren, durch die wir uns abgrenzen. Wir setzen diese Farben gezielt ein, um Wirkungen auf das Erleben und Verhalten anderer Menschen zu erzielen. Dazu nutzen wir nicht eine einzige Lieblingsfarbe, sondern eine Palette bewährter Farben, mit denen wir die gewünschte Wirkung am besten erzielen können. Das erklärt auch den Widerspruch zwischen der Angabe unserer Lieblingsfarbe und deren mangelnder Präsenz in unserem Alltag. Wenn wir Blau besonders mögen, heißt das nicht, dass wir blaue Produkte besonders gerne kaufen, blaue Nahrungsmittel besonders gerne essen oder uns blaue Dinge am aufmerksamsten und längsten anschauen. Es bedeutet vielmehr, dass wir bei der Suche nach unserer Lieblingsfarbe vielleicht an Dinge gedacht haben, die wir besonders gerne tun, wie das Baden im Meer unter einem wolkenfreien Sommerhimmel.
Genauso verhält es sich mit der Frage nach den unbeliebtesten Farben, bei denen Braun in unserem Kulturraum am schlechtesten abschneidet, weil wir sofort an die Symbolfarbe des Faschismus denken. In der Realität wirkt Braun völlig anders. Wir schätzen die natürliche Farbe brauner Erden und Hölzer, das Fell vieler Tiere, den Gebrauch brauner Kleidung und brauner Naturmaterialien in Produktdesign und Raumgestaltung. Die meisten Menschen lieben den würzigen Geschmack brauner Genussmittel wie Schokolade, Kuchen und Kaffee. Wenn eine Farbe lecker aussieht, regt sie unseren Appetit an und verführt uns zum Konsum, ob wir wollen oder nicht. Wenn eine Farbe oder Farbkomposition schön und verführerisch aussieht, löst sie Wünsche und Begehrlichkeiten aus, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Farben wirken auf unsere Erleben und Verhalten, ob wir die Ursachen dafür kennen oder nicht.
Jeder Mensch ist ein Farbexperte, da wir alle seit unserer Geburt die Wirkungen der Farben spüren und wahrnehmen, sobald wir mit der anschaulich sichtbaren Umwelt interagieren. Das Farbgedächtnis bildet einen wichtigen Teil der Lebenserfahrung jedes Menschen und eine zuverlässige Basis für unser Handeln. Gerade deshalb reagieren wir besonders enttäuscht, wenn etwas nicht so ist oder sich so verhält, wie es die Farbe verspricht. Wir mögen nicht, wenn uns schöne Farben nicht kleiden, wenn uns leckere Farben nicht schmecken oder wir uns in geschmackvollen Farben nicht wohl fühlen. Wir reagieren verärgert, wenn Farben unsere Aufmerksamkeit beanspruchen und uns dennoch nichts zu geben oder mitzuteilen haben.
Daher ist es wichtig, dass sich Farbgestalter nicht nur mit den Wirkungen der Farben auf den Menschen auseinandersetzen, sondern auch mit deren Ursachen. Die finden sich in den Lebenserfahrungen und Lebensumständen der Person oder Zielgruppe, die jeder erfolgreichen Farbentscheidung zu Grunde gelegt werden müssen. Erfolgreiche Farbgestaltung ist angewandte Farbpsychologie
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