Interview „Brigtitte“ Nr. 4 vom 3.02.2021

Gerade sitze ich in einem Raum, der in einem abgetönten Weiß gestrichen ist. Was würde mit mir passieren, wenn die Wände rot wären?

PROF. Dr. AXEL BUETHER: Sie wären in einem permanenten Anspannungszustand, weil Rot sehr mächtig und dominant ist. Eine rote Couch kann okay sein, aber für die Wände sind gedeckte Farben besser, abgetönte Weiß- oder farbige Grautöne zum Beispiel.

Anhalterinnen werden fast doppelt so häufig mitgenommen, wenn sie rote Klamotten tragen, Kellnerinnen in Rot bekommen mehr Trinkgeld, zitieren Sie Studien. Warum wirkt Rot hier positiv?

Weil die Frauen durch ihre Kleidung auffallen, unter Umständen schwingt eine sexuelle Konnotation mit: Sie zeigen sich ganz bewusst attraktiv und begehrenswert. Das kommt bei vielen Männern an.

Rot ist auch die Farbe des Blutes. Warum erröten wir im Gesicht?

Unsere Blutzirkulation nimmt zu, wenn wir starke Emotionen haben, also uns schämen oder erregt sind. Die Haut bekommt aber bereits eine leichte Färbung, wenn wir mit jemandem ein gutes Gespräch haben, wir stellen uns emotional auf ihn ein. Haben wir uns nichts zu sagen hätten, bleibt unsere Haut blass, und das Gespräch bricht relativ schnell ab.

Wie viel bekommen wir von all dem mit?

Wenig. Das passiert auf einer unbewussten Ebene. Überhaupt wirken Farben stark auf unser Unterbewusstsein – viel mehr, als wir glauben. Farben beeinflussen uns in allen Lebensbereichen, ob das Stoffwechselvorgänge, Hormone oder Nahrungsmittel sind. Dass Farben einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben können, lässt sich sogar nachweisen: In unserer letzten Krankenhaus-Studie haben wir festgestellt, dass durch den Einsatz von farbigen Flächen und Wänden das Wohlbefinden von Patient*innen und Personal steigt. Der Krankenstand bei den Pflegerinnen und Pflegern sank im Folgejahr um 35 Prozent.

Auch bei Bewerbungsgesprächen können Farben eine große Wirkung haben. Welche Farben sind ein No-Go?

Von Schwarz rate ich ab, das wirkt sehr steif, leblos, wie eine Maskierung, man zeigt nichts Individuelles. Auch Rot sollte man vermeiden, das wirkt oft anzüglich oder dominant. Ansonsten sollten wir uns nicht verkleiden, sondern überlegen, welche positiven Eigenschaften wir haben und besonders betonen möchten. Wenn ich eine fröhliche, offene, kommunikative Person bin, kann ich eine leuchtend bunte Frühlingsfarbe wählen, die in Kombination mit einem passenden Grau- oder Braunton sofort wieder etwas schlichter, ruhiger, und bescheidener wirkt.

Das gesamte Interview von Franziska Wolffheim können Sie in der Brigitte Nr. 4 vom 3.02.2021 lesen