Augen, Mund und Hände der Bezugspersonen sind die ersten Zeichen, deren Bedeutung wir in der diffusen Farb- und Lichtstruktur der Umwelt wahrnehmen können. Die Blickbewegungen unserer Augen finden diese Ziele, da es spezifische Zellen in unserem Gehirn gibt, die uns zur Imitation der gezeigten Gesten animieren. Hierdurch wird das beobachtete Lächeln zu unserem eigenen Lächeln, dessen gestische Bedeutung wir unmittelbar leiblich spüren. Auf diese intuitive Weise können wir auch ohne ein Vorwissen anschaulich Lernen und Verstehen.
Unser Blickfeld bildet den notwendigen Kontext eines komplexen Geschehens, in dem wir uns orientieren und gezielt nach etwas Ausschau halten können. Über die Konstanz der kontrastierenden Farb- und Lichtempfindungen bildet sich im impliziten Gedächtnis ein anschauliches Zeichensystem aus kodifizierten Gesten. Bald können wir uns in der anschaulichen „Verhaltensmatrix“ der Umwelt orientieren und damit interagieren, obgleich wir die einzelnen Formen und Figurationen weder anschaulich noch verbal darstellen können. Die Tatsache, dass wir etwas sehen und unser Verhalten sowie unsere Handlungen erfolgreich daran orientieren können, besagt nicht, dass wir es kennen.
Da wir die meisten Gesten intuitiv verstehen und gebrauchen, bleiben sie in unserem Hintergrundbewusstsein, bis wir uns ihre Form und Figuration über die anschauliche Darstellung vor Augen führen. Indem wir die Gestik von Menschen oder den Habitus von Dingen körperlich imitieren, bildhaft zeichnen oder malen, plastisch formen oder verräumlichen, bestimmen wir den Symbolcharakter der Form. Die Symbolaussage lässt sich über die Frage ermitteln, wie sich uns der beobachtete Sachverhalt zeigt. Gleich unseren Gesten gebrauchen wir symbolhafte Formen und Figurationen zur Kodifizierung von Verhaltenzuständen und Handlungszusammenhängen. Die Entwicklung unserer Darstellungsfertigkeiten kommt einer anschaulichen Sprachfähigkeit gleich, die bestimmt, was wir über unsere Welt aussagen können. Wer nur sehen kann, bleibt stumm.