Ohne unser richtungserzeugendes Bewusstsein weist die Umwelt kein oder unendlich viele Zentren auf. Unsere Beobachterposition legt das Zentrum der perspektivischen Struktur unseres Anschauungsraums fest. Jede Veränderung des eigenen Standpunktes in diesem raumzeitlichen Ordnungssystem bringt eine neue Sichtweise auf den Gegenstand der Betrachtung mit sich. Unsere Blickrichtung aktiviert das Zentrum im Wissensnetzwerk unseres Gehirns, auf das sich der gesamte assoziative Kontext der Situation ausrichtet.
Während die Stellung der Worte die Satzaussage bestimmt, legen wir die Gesamtaussage eines anschaulichen Werkes durch die Anordnung oder Komposition seiner Teile fest. Durch die Festschreibung unserer Perspektive vermitteln wir dem Betrachter unsere Sichtweise und geben ihm seine Leserichtung vor. Der Verfasser eines anschaulichen Werkes bildet daher immer das Subjekt im Gestaltungsprozess, welches dem Objekt seine Sichtweise für die Lösung der mit dem Herstellungszweck verbundenen Problemstellung einbeschreibt. Im Deutungsprozess hingegen wird der Betrachter über das Werk mit der Perspektive des Gestalters konfrontiert und aufgefordert, sich dessen Ideenwelt zu erschließen. Jedes anschauliche Werk unseres Natur- oder Kulturraums ist daher mehrdeutig und eröffnet uns unendlich viele Perspektiven zur Bildung eines Standpunktes und Hinterfragung unserer Sichtweise.
Unsere Fähigkeit zur Veränderung des gegenwärtigen Standpunktes bestimmt unseren Denk- und Handlungsspielraum. Nur hierdurch können wir immer neue Perspektiven entdecken. Die Entwicklungsperspektive des Natur- und Kulturraums zeigt sich uns heute vor dem Hintergrund eines evolutionären Schöpfungsprinzips. Die Beobachtung von Lebewesen eröffnet uns Perspektiven auf die Morphogenese ihres Organismus, wie uns Produkte Perspektiven auf ihren Gebrauchszweck vermitteln. Biosphären zeigen uns Perspektiven auf die ökologischen Bedingungen ihrer Entstehung, wie uns Städte Perspektiven der Gesellschaft auf die Bedingungen des Zusammenlebens offenbaren.