Über die Farb- und Lichtstruktur erfolgt eine Anregung unseres Stoffwechsels, der uns die Auswahl der benötigten Inhaltsstoffe ermöglicht und die Verdauung vorbereitet. Braucht der Körper spezifische Inhaltsstoffe, wie Vitamine, Mineralien, Kalorien, Eiweiße, spüren wir bereits beim Anblick der damit assoziierten Farben die entsprechenden Signale. Auf diese Weise kann die bloße Erscheinung der gewohnten Nahrung den Appetit anregen, Sucht auslösen, ein Sättigungsgefühl oder sogar Übelkeit hervorrufen. Oftmals reicht bereits ein prägnanter Farbton, um diese Wirkungen auszulösen. Ein Problem für unsere natürliche Fähigkeit zur gesunden Ernährung entsteht immer dort, wo Werbung, Verpackung, Produktgestaltung, Zubereitung oder Angebot den Verbrauch über das gesunde Maß hinaus befördern.

Unsere persönlichen Ernährungsgewohnheiten repräsentieren sich in der Geruchs- und Geschmacksstruktur unseres Anschauungsraums. In Bezug auf unser Wissen können wir von einem „Farbgeruch“ oder „Farbgeschmack“ sprechen. Aus diesem Grund regt das Erscheinungsbild der gewohnten Produkte bei „leerem Magen“ spürbar unseren Appetit an, während ungewohnte oft befremdlich oder gar unappetitlich wirken. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese aus dem eigenen oder einem fremden Kulturraum stammen. Was wir nicht kosten, kann tatsächlich auch nicht unseren Appetit anregen, da sich diese assoziative Wirkung erst durch das leibliche Erlebnis einstellt.

Nach der Verankerung der eigenleiblichen Erfahrungen im Gedächtnis aktivieren sich unsere Körperreaktionen durch die Farb- und Lichtwirkungen aller Oberflächen sowie der Raumatmosphären. Diese Wirkungen bleiben uns weitgehend unbewusst, obgleich sich die Konsequenzen für unsere Lebensqualität rational erklären lassen. Unser Wohlbefinden lässt sich auf das biologische Warnsystem des Körpers zurückführen, welches uns die bewusste Entscheidung zur Konstanz oder Veränderung der Lebensbedingungen abnimmt. Die Hinterfragung unserer Körperreaktionen bietet uns eine einfache Möglichkeit für die Gestaltung einer gesundheitsfördernden Lebensumwelt.

Publikation „Die Bildung der räumlich-visuellen Kompetenz“