Raum ist ein Welterkenntnis- und Weltbeschreibungssystem sowie Weltvermittlungs- und Weltgestaltungssystem. Die Arbeit des Architekten ist politischer Natur, da er mit der Gestaltung des menschlichen Lebensraums zugleich auch die Wahrnehmung von Gesellschaft formt, die wiederum seinen Handlungsspielraum vorgibt. Wir nehmen Raum mit allen Sinnen, unserem Gefühl und Verstand wahr. Daher ist es nicht nur von Bedeutung, wie ein Raum aussieht, sondern ebenso wie er sich anfühlt, wie er riecht, klingt, sich verändert oder sich verhält, wenn wir mit ihm interagieren.
„Atmosphären“ sind der Schlüssel zum Verständnis der menschlichen Raumwahrnehmung, da sie unsere emotionale Stimmung im Erlebnis konkreter Raumereignisse widerspiegeln. Jede Veränderung unseres Körperzustandes wird von den emotionalen Zentren unseres Gehirns in Bruchteilen einer Sekunde unwillkürlich bewertet. Bis wir sehen, hören, tasten, schmecken oder riechen, worum es sich handelt, vergeht hingegen mehr als eine Sekunde, weshalb wir Räume immer in einer inneren Gestimmtheit wahrnehmen. Unsere emotionale Stimmung im Wahrnehmungsprozess spiegelt sich in der Atmosphäre der Raumsituation.
Auf Grund unseres Einfühlungsvermögens wirken Räume auch dann noch auf den
Menschen, wenn wir sie in Form von Bildern oder Filmen betrachten. Die Empathie nimmt mit der Immersion zu, weshalb uns Gemälde, Fotografien, Filme oder Rauminszenierungen oftmals mehr bewegen, als unsere Lebenswirklichkeit. Ein Gradmesser für die ästhetische Wirkung der Immersion (Eintauchen) ist die Faszination, die wir im Wahrnehmungsprozess einer Raumsituation erleben.
Mehr darüber: https://axelbuether.de/2017/die-sprache-des-raums/