Sobald der Mensch seine Augen öffnet, treten die etwa 120 bis 250 Millionen Sehzellen beider Augen in permanenten Informationsaustausch mit der Umwelt. Nicht einmal fünf Prozent können das Spektrum des Lichts in Farbsignale verwandeln, und dennoch bestimmen diese die Form der visuellen Wahrnehmung. Dass der Mensch im gesamten Blickfeld dennoch eine farbige, scharf konturierte Umwelt sieht, folgt aus den Verarbeitungsprozessen im Gehirn, deren Verständnis für die Erklärung von visueller Wahrnehmung und Kommunikation unverzichtbar ist.
Im Wahrnehmungsprozess stellt der Betrachter durch seine Blickbewegungen Fragen an das farbige Erscheinungsbild der Umwelt und sucht hierdurch zugleich nach Antworten. Über Blickgesten fragt ein Betrachter, um was es sich handelt, wo etwas ist, woher etwas kommt und wohin es gehen wird, was etwas getan hat, tut und tun wird. Dieser Frage- und Antwortprozess bestimmt die Gegenstandsbildung im Prozess der visuellen Wahrnehmung.
Was nicht hinterfragt wird, ob über Worte, Blicke oder bildnerische Darstellungen, bleibt im Hintergrund der Wahrnehmung und wird nicht gesehen. Dieser Sachverhalt gilt für die bildende Kunst, die längst eine professionelle Vermittlung betreibt, wie für die Wahrnehmung des architektonischen Raums. Sinn und Bedeutung von Räumen, Bildern und Texten sind durch die Existenz eines kulturell determinierten Sprachraums objektiv vorhanden und müssen dennoch subjektiv erschlossen werden. Der Umfang, die inhaltliche Qualität und die Bewertung der Antworten werden durch das Aufmerksamkeitsverhalten und die Vorerfahrungen des Betrachters bestimmt.