Neugeorenes Mädchen und Junge (Bildlizenz shutterstock)

Nimmt man die Wirkung von Farben
auf den Menschen, insbesondere auf Schwangere und Neugeborene, welche Farbe sollte dann ein Kreißsaal haben?

Was sieht ein Baby, wenn es das Licht der Welt erblickt? Es lokalisiert die ersten Farben gar nicht im Raum, sondern nimmt sie körperlich, eher wie einen Duft wahr, wie einen Eindruck, der auf der Netzhaut liegt. Ein sehr grelles Licht wirkt dann wie ein Schlag, den man dem Baby versetzt. Es kommt aus der Dunkelheit. Der Kreißsaal mit seinem hellen Licht wird nicht als Raum empfunden, sondern so, als ob man uns mit einer hellen Taschenlampe in die Augen leuchtet. So ist ein zu greller Kreißsaal der denkbar schlechteste Raum für ein Kind, das geboren wird.

Babys werden zwar intrauterin schon mit Licht konfrontiert, die Kinder können im Bauch Licht wahrnehmen. Bei unserem eigenen Kind hat die Hebamme mit einer Taschenlampe versucht, eine Drehung im Mutterleib zu motivieren. Das Licht kommt im Mutterleib aber als warm an, sehr gedämpft, es ist eher ein Orange-Violett, denn die kalten Wellen werden herausgefiltert. Von Gelb haben wir da noch keine Spur – Sonne lernt das Kind erst später.

Farben und Licht gehören in der Betrachtung also immer zusammen. Wenn man von Farblosigkeit spricht, dann wäre das eher etwas Durchsichtiges, Transparentes. Sobald etwas Körper bekommt, hat es Farbe. Wir Menschen haben es ziemlich schnell drauf, dass wir Farben brauchen – keine transparenten Flächen wie Glasplatten.

Was vermittelt also Geborgenheit für ein Kind?

Das wäre ein abgedunkeltes Orange-Violett. Im Kreißsaal muss ich mir aber die Frage stellen: Schaffe ich jetzt eine Wohlfühlatmosphäre fürs Baby oder für die Gebärende? Für sie würde man sich ja wünschen, dass man das Aktivitätslevel in bestimmten Phasen anhebt, damit die Mutter wacher ist. Dafür braucht man eine andere Farbe.

Grundsätzlich muss ich zuerst überlegen: Was brauche ich? An was für Menschen richte ich mich? Wer kommt hierher? Es ist ja auch eine Frage der Farbheimat – die ist bei einem Menschen aus dem Süden Italiens anders als bei einem Norddeutschen.

Wenn Sie eine Hebammenpraxis farblich gestalten müssten, wie würden Sie da vorgehen?

Fangen wir im Eingangsbereich an: Das ist ein Stück weit die Visitenkarte für die Praxis. Welche Botschaft möchte ich hier aussenden? Was sind wichtige Eigenschaften, die mich ausmachen und die ich kommunizieren möchte? Man muss definieren, ob ich den Faktor Sicherheit betonen möchte oder die Sanftheit.

An der Rezeption geht es um die Frage: Wie heiße ich einen Menschen willkommen? Es ist außerdem wichtig, dass ich in der gesamten Praxis – vom Eingangsbereich mit der Rezeption bis zum Geburtszimmer – nicht alles gleich gestalte. Ich brauche einen Atmosphärenwechsel, es sollte an Geborgenheit zunehmen. So darf die Rezeption schon ein hohes Maß an Aktivität haben und das Geburtszimmer ein Maximum an Geborgenheit.

Das Geburtszimmer ist das Zentrum der Praxis. Um dort optimale Bedingungen für die Geburt zu schaffen, würde ich diesen Raum Orange-Violett streichen und stark abtönen. Ich würde allerdings nicht dazu raten, die ganze Praxis in Orange zu streichen. Auch nicht in reinen Farben, sondern immer ein Grau mitverwenden.

Die Wandfarben sollten also immer abgetönt sein, das würde der Natur entsprechen. Ein natürliches Grün, das uns gut tut, enthält ja immer auch ein bisschen Rot. Wenn man reine Farben verwenden möchte, dann kann man das besser über Vorhänge realisieren, aber auch mit dem Mobiliar oder Objekten im Raum.

Der Fußboden sollte Sicherheit vermitteln. Ein Holzboden wäre dafür ideal geeignet, es gilt aber auch die praktische Seite zu bedenken: Der Boden muss gut sauber zu halten sein. Um die Holzoptik zu imitieren kann man Ockertöne, erdige oder sandige Farben verwenden.

Die Decke sollte dagegen deutlich heller als Boden und Wände gehalten sein. Kein reines Weiß, aber ein sehr heller, sandiger Ton, der fast weiß aussieht, wäre passend. Man könnte ihn auch mit einem Hauch Orange anwärmen.

Das gesamte Interview und mehr finden Sie in der Zeitschrift LUCINA Magazin zur Traditionellen Lehre der Hebammen- und Entbindungskunst