Bedürfnisorientiertes Farbdesign – Das Treppenhaus als Therapieraum, um gebrechliche Menschen Schritt für Schritt zu mobilisieren

Am 13. Juni 2025 wurde der Neubau des St. Elisabeth Krankenhauses in Eutin feierlich eröffnet und offiziell in Betrieb genommen. Mit einer der größten Palliativstationen Deutschlands sowie einer der größten Geriatrien des Landes setzt das Haus neue Maßstäbe in der Versorgung älterer und schwerkranker Menschen.

Trotz der beachtlichen Dimensionen war es nach Angaben der Klinik nicht schwierig, das notwendige Fachpersonal zu gewinnen – im Gegenteil: Ganze Teams aus umliegenden Kliniken haben sich bewusst für einen Wechsel entschieden. Die hohe Bewerberzahl wird unter anderem der besonderen Atmosphäre des Neubaus zugeschrieben, die in einem intensiven, bedürfnisorientierten Farbgestaltungsprozess entwickelt wurde.

In einem partizipativen Verfahren erarbeitete das Institut für evidenzbasierte Farbpsychologie gemeinsam mit Mitarbeitenden aller Berufsgruppen ein bedürfnisorientiertes Farbkonzept, das auf die besonderen Anforderungen im palliativen und geriatrischen Bereich zugeschnitten ist. Ziel war es, eine Umgebung zu schaffen, die gleichermaßen Wertschätzung, Geborgenheit und neue Lebenszuversicht vermittelt.

Dabei ist der Neubau weit mehr als nur ein architektonisches Projekt – er folgt einem ganzheitlichen Konzept, das Raumgestaltung und therapeutische Maßnahmen eng miteinander verknüpft. Balkone bieten Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, sich in frischer Luft zurückzuziehen. Therapiegärten mit multisensorischen Elementen – etwa duftenden Pflanzen, taktilen Oberflächen und akustisch gestalteten Bereichen – ermöglichen heilsame Naturerfahrungen für alle Sinne. Ergänzt wird dies durch gezielte Anwendungen wie Dufttherapie oder weitere nicht-medikamentöse Therapieformen, die sich am aktuellen Stand der Forschung orientieren.

Die Farbgestaltung bildet dabei den sinnlichen Rahmen, in den sich alle Elemente des Therapiekonzepts harmonisch einfügen. Sie schafft nicht nur eine angenehme Atmosphäre, sondern aktiviert Ressourcen – etwa durch die gezielte Anregung von Orientierung, Erinnerung, Beruhigung oder Stimmungsaufhellung.

Die ersten Rückmeldungen aus dem Klinikalltag bestätigen die Wirksamkeit: In der Geriatrie werden ältere, gebrechliche Patientinnen und Patienten nun häufiger nach Hause als in Pflegeeinrichtungen entlassen – ein mögliches Zeichen dafür, dass die sinnlich anregende, farblich wohltuende Umgebung neue Kraft und Hoffnung spendet. Auch aus dem Team kommen erste positive bis hin zu begeisterten Rückmeldungen zur neuen Arbeitsumgebung. Verlässliche Daten hierzu wird die laufende wissenschaftliche Begleitforschung allerdings frühestens neun Monate nach dem Einzug liefern.

Rückblickend wurde unser Institut bereits vor fünf Jahren mit der Entwicklung des Farbkonzepts beauftragt – als Reaktion auf damals bestehende Herausforderungen im Bereich des Wohlbefindens und der Zufriedenheit des Personals sowie bei der Personalgewinnung. Diese Erfahrungen wurden offen reflektiert und in ein konsequentes Umdenken übersetzt – mit dem heutigen Ergebnis einer Umgebung, die nicht nur schön anzusehen ist, sondern in ihrer Wirkung die Menschen stärkt, die darin leben und arbeiten.

Der Neubau, im Stil der weißen Moderne an das bestehende Haus angebunden, überrascht im Inneren mit einer warmen, an norddeutscher Architektur orientierten Farbwelt. Helle, erdige und natürliche Töne, inspiriert etwa vom Stadtschloss in Eutin, verbinden sich mit funktionalen Anforderungen zu einer Atmosphäre, die Heimatgefühl statt Klinikflur vermittelt.

So wird mit diesem Projekt eine Brücke geschlagen – zwischen Tradition und Zukunft, zwischen funktionaler Effizienz und menschlichem Maßstab. Das St. Elisabeth Krankenhaus setzt damit ein kraftvolles Zeichen: Dass Architektur, Farbgestaltung und ein interdisziplinär entwickeltes Therapiekonzept mehr bewirken können, als man auf den ersten Blick sieht.

Mitwirkung Farbgestaltung: Heike Krauss

Link zur Website Sankt Elisabeth Krankenhaus Eutin