Seit über 30.000 Jahren setzen sich Menschen auf anschauliche Weise mit der Umwelt auseinander, weshalb wir die hierüber ablesbare kognitive Entwicklung auch als kulturelle Evolution bezeichnen. Während sich das Gehirn unserer Spezies in dieser Zeit nicht nachweisbar verändert hat, haben es unsere anschaulichen Lernumgebungen umso mehr. Mit der Komplexität unseres kulturellen Lebensraums steigen auch die Anforderungen an die Bildung unserer räumlich-visuelle Kompetenz. Immer früher müssen wir lernen, uns über regionale Grenzen hinaus in einer globalen Welt zu orientieren. Diese beschränkt sich heute nicht mehr auf unsere Siedlungsräume und Infrastrukturen. Hinzu kommen virtuelle Handlungsräume, wie das Internet, in denen wir kommunizieren, denken, handeln und über die wir unsere Realität gestalten können.

Die Komplexität im Aufbau und die Geschwindigkeit im Wandel unserer Lern- und Arbeitswelten sind nur möglich, weil sich unsere Gehirnleistungen permanent den an sie gestellten Anforderungen anpassen. Dieser Bildungsprozess benötigt Zeit und eine spezifische Förderung. Er ist umso effektiver, je früher wir damit beginnen. Die Bildung der räumlich-visuellen Kompetenz sollte daher in der frühkindlichen Entwicklungsphase beginnen und dann ein Leben lang methodisch weitergeführt werden. Die integrative Entwicklung der verbalen und anschaulichen Kompetenzen bietet einen erheblichen Vorteil. Sie hält uns an, unsere Beobachtungen zu versprachlichen und unsere Aussagen zu veranschaulichen, in dem wir sie verbildlichen, verkörperlichen und verräumlichen.

Über unsere Kompetenzen zum Gebrauch verbaler und anschaulicher Medien erhöht sich unser Einfluss auf das Interesse und das Aufmerksamkeitsverhalten unserer Zielgruppe. Damit steigt zugleich die Verständlichkeit, wie auch die Nachhaltigkeit unserer Botschaft. Die Struktur vieler Medien weist daher heute zumeist beide Sprachebenen auf. Aus diesem Grund bildet die methodische Förderung unserer verbalen und anschaulichen Kompetenz die Voraussetzung für die Möglichkeit der Teilhabe an modernen Gesellschaften.

Publikation „Die Bildung der räumlich-visuellen Kompetenz“