Emotionen, Gefühle und Wahrnehmung
Wie beeinflussen Emotionen und Gefühle die Wahrnehmung, Vorstellung und Darstellung?Gefühle haben Einfluss auf die höchsten Ebenen der Verarbeitung von Informationen im Gehirn, sie beeinflussen Vernunft und Kreativität.
Der von den Augen kommende visuelle Datenstrom wird zuerst von den älteren Regionen unseres Gehirns emotional bewertet, bevor er die höheren bewusstseinsfähigen Areale erreicht. Unser emotionaler Körperzustand stellt sich hierdurch unwillkürlich auf die instinktiv bedeutsamen Inhalte der Umweltsituation ein. Dazu zählen das Gefahrenpotential sowie das Potential zur Befriedigung unserer grundlegenden körperlichen Bedürfnisse. Die Veränderungsdynamiken der Umwelt sind meist viel zu schnell und zu komplex für die uns zur Verfügung stehenden Mittel der Ratio. Wer zuerst denken will, bevor er handelt, der braucht dafür ausreichend Zeit. Die Funktion unserer Emotionen und Gefühle bietet uns eine Orientierungs- und Handlungshilfe in Umgebungssituationen, deren Komplexität unsere zeitlichen oder kognitiven Möglichkeiten übersteigt. Emotionen und Gefühle dienen unserem Überleben.
Die erste emotionale Bewertung der visuellen Daten erfolgt im Stammhirn bereits nach etwa 100 Millisekunden. Bis wir etwas bewusst visuell wahrnehmen können, braucht unser Cortex dagegen mehrere Sekunden. Daher sehen wir bei einer Folge von Bildern im Zeittakt von weniger als einer Sekunde auch keine Inhalte mehr, obgleich wir emotional darauf reagieren. Die Ausschüttung von Hormonen versetzt den gesamten Körper in einen emotionalen Erregungszustand, der Gefühle wie Angst, Liebe, Hass, Zuneigung oder Gewalt auslösen kann. Wir sind daher nicht in der Lage, Menschen, Orte und Dinge frei von Emotionen und Gefühlen oder auch wertneutral zu betrachten.
Unwillkürlich wird unser Blick auf wichtige Ereignisse gelenkt, längst bevor wir deren Bedeutung gesehen und in Zusammenhang mit unserer Situation gebracht haben. Doch nicht nur unser Aufmerksamkeitsbewusstsein und unsere Interessen an der Umgebung werden maßgeblich von Emotionen und Gefühlen gelenkt, sondern auch die von uns wahrgenommenen Inhalte. Die evolutionäre Funktion unserer Gefühle und Emotionen bildet den Schlüssel zum Verständnis der Intuition oder des „Bauchgefühls“. Unsere Emotionen und Gefühle sind nicht irrational, sondern sie bilden Fakten, die den Prozess der anschaulichen Wahrnehmung, Vorstellung und Darstellung maßgeblich beeinflussen.
Publikation “Die Bildung der räumlich-visuellen Kompetenz”
Selbstbildung der Wahrnehmung
Welchen Einfluss haben wir selbst auf das Leistungsvermögen unseres Gehirns? Wir müssen lernen, uns das anschauliche Wissensarchiv unserer Städte und kulturellen Artefakte zu erschließen, um an der Gestaltung unserer Lebensumwelt mitwirken zu können. Die Entwicklung der räumlich-visuellen Kompetenz gehört zur Allgemeinbildung jedes Menschen, die wir ein Leben lang fördern sollten.
Unsere Sprache folgt der Wahrnehmung
Was verbindet die Wortsprache mit der Verarbeitung unserer Wahrnehmungsdaten im Gehirn? Unser Nervenssystem hat sich im Evolutionsprozess optimal an die Strukturierung der Umweltdaten angepasst. Daher ermöglicht uns das Strahlungsspektrum der Sonne nicht mehr nur eine intuitive Form der Orientierung, sondern die Bildung eines anschaulichen Beschreibungssystems unserer Lebenswelt im Gehirn.
Intelligenz und Kompetenz der Wahrnehmung
Warum können wir Intelligenz nur über Wahrnehmungskompetenzen fördern? Umso mehr wir uns spezialisieren, je hilfloser stehen wir neuen und ungewohnten Herausforderungen gegenüber. Unser Gehirn besitzt genau die Aufnahmekapazität und Flexibilität, die wir zuvor von uns selbst abgefordert haben.

Die Bildung der räumlich-visuellen Kompetenz
Buchpublikation Schriftenreihe Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle 2010 Neurobiologische Grundlagen für die methodische Förderung der anschaulichen Wahrnehmung, Vorstellung und Darstellung im Gestaltungs- und Kommunikationsprozess.