Farbe als Entwurfswerkzeug
Das richtige Maß der Farbgestaltung, die immer eine farbliche Codierung ist, muss im Entwurfsprozess stets neu im Kontext der Anwendungssituation und Aufgabe ausgehandelt werden, damit Orientierung erhalten erzeugt, bleibt oder verbessert wird. Physikalische, chemische, neurobiologische, psychologische, philosophische, semiotische, kulturhistorische, soziologische und anwendungspraktische Erkenntnisse können dabei Hilfestellung leisten. Dennoch gibt es keine Berechnungsmethode, kein Beschreibungsmodell und kein Planungsverfahren, mit denen sich die vielschichtigen Wirkungen von Farbe im Raum vollständig erfassen lassen. Farbe wird zum Entwurfswerkzeug, wenn sich Gestalter, Planer und Entscheidungsträger von konventionellen Bewertungen wie »schön« und »hässlich« lösen und sich stattdessen mit den kommunikativen Funktionen der Farbwahrnehmung und Farbgestaltung auseinandersetzen.
Parallel zur Entwicklung der Moderne hat sich eine aus vielen Gründen problematische Trennung des gestalterischen Berufsfeldes in einen planerisch-konzeptionellen und einen handwerklich-ausführenden Teil durchgesetzt. Daher können sich heute nur noch wenige Architekten und Designer bei ihrer Entwurfsarbeit auf eigene handwerkliche Erfahrungen stützen, was für die visuelle Gestaltung der materiellen Kultur unerlässlich ist. Farbe wird jedoch erst dann zu einem modernen Entwurfswerkzeug, wenn Planer über umfassende theoretische Kenntnisse verfügen, die sie vor dem Hintergrund eigener praktischer Erfahrungen anwenden können.
Wie die technologischen müssen auch die vielschichtigen kommunikativen Wirkungen der Farbe im gesamten Entwurfs-, Planungs- und Umsetzungsprozess mitgedacht werden. Dafür muss Farbe zuerst einmal eine ganzheitliche Wahrnehmung ihrer Funktion als linien-, flächen-, körper- und raumbildendes Element, als emotionalisierendes Kommunikationsmedium, als identifikationsbildendes Orientierungssystem, als visuell-haptische Oberflächenqualität wie auch als atmosphärische Lichtqualität erfahren. Die kommunikationswissenschaftliche, kulturhistorische, naturwissenschaftliche, technologische, ästhetische und anwendungspraktische Auseinandersetzung mit Farbe sollte daher in allen Bildungseinrichtungen von Handwerk, Technik, Design, Kunst und Architektur erfolgen.
Niemand kann sich der Auseinandersetzung mit Farbe entziehen, denn sinngemäß gilt das Axiom von Paul Watzlawick auch für das Medium der visuellen Gestaltung und Kommunikation: Man kann nicht nicht farbig gestalten.
Veranstalter: Hagemeister GmbH & Co. KG
Veranstaltungsort: Klinkerwerk und Ausstellungszentrum Buxtrup 3 D-48301 Nottuln
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